Freiheit – Eine Meditation über inneres Lassen und radikale Gegenwart

Was bedeutet es, frei zu sein?
Ist es die Möglichkeit, zu wählen?
Oder beginnt Freiheit dort, wo wir nicht mehr festhalten müssen, um sicher zu sein?

Wir leben in einer Zeit, in der wir scheinbar alles wissen, alles tun, alles ändern können.
Und doch fühlen sich viele Menschen gebundener denn je – an Rollen, Erwartungen, Ideale.
Vielleicht liegt darin ein Hinweis:
Freiheit ist kein Zustand, sondern eine innere Erlaubnis.

„Der Weise wählt nicht – er folgt dem Weg.“
(Laotse, Daodejing)

Diese Meditation lädt dich ein, der Freiheit zu begegnen – nicht als Konzept, sondern als etwas, das du in dir spüren kannst:
als Weite,
als Raum,
als Atem,
als Loslassen.

Es geht nicht darum, dich zu lösen von allem.
Sondern zu entdecken:
Etwas in dir war nie gebunden.

„Kaivalya ist der Zustand völliger Unabhängigkeit – das Ziel des Yoga.“
(Patañjali, Yoga Sutra IV.34)

Du brauchst nichts wissen.
Du brauchst nichts erreichen.
Freiheit ist vielleicht das erste Feld in dir, in dem du nichts leisten musst.

„Freiheit ist das stille Einverständnis mit dem, was ist.“
(Franz von Assisi – zugeschrieben)

Auch große Yogis und Lehrer betonten, dass Freiheit nicht darin liegt, allem entkommen zu können, sondern darin, nichts mehr fürchten zu müssen.
B.K.S. Iyengar sagte kurz vor seinem Tod:

„Ich bin der freieste Mensch.“
Ein Satz, der nicht von Flucht erzählt, sondern von Ankunft.

Auch im Zen wird diese Freiheit als „Nicht-Zweiheit“ verstanden –
als Zustand, in dem du nicht mehr trennen musst:
zwischen richtig und falsch, festhalten oder loslassen, ankommen oder fliehen.

„Die große Freiheit ist jenseits von Denken und Nicht-Denken.“
(Zen-Meister Dōgen)

Diese Meditation führt dich nicht weg.
Sie führt dich sanft zu dir selbst zurück.
Dorthin, wo die Dinge sich nicht mehr ordnen müssen, um zu stimmen.

Dorthin, wo der Atem genügt.
Wo Vertrauen nicht bedeutet, zu wissen –
sondern weiterzugehen, auch ohne Gewissheit.

Impulse für die Einstimmung:

  • Wann habe ich mich zuletzt frei gefühlt – ohne äußeren Grund?
  • Was in mir braucht keine Erklärung – und ist dennoch da?
  • Kann ich sein, ohne mich festzuhalten?

Diese Meditation ist keine Technik zur Selbstoptimierung.
Sie ist eine Einladung – eine Bhāvana –, dich an das zu erinnern, was bereits frei in dir ist.

 

 

Bhāvana-Meditation:

„Freiheit – Eine innere Erlaubnis“

Dauer: ca. 15–20 Minuten
Thema: Freiheit nicht als Zustand, sondern als innere Haltung – jenseits von Kontrolle, Wissen und Sicherheit.

 

Einleitung – Stille vor der Wahl (2–3 Min.)

Finde einen ruhigen Ort.
Einen Moment, in dem nichts von dir verlangt wird.
Du musst nichts wissen.
Nichts entscheiden.
Nur atmen. Nur sein.

Einatmen –
Spüren.
Ausatmen –
Weicher werden.

Stell dir vor: Du trittst einen Schritt zurück.
Hinter das Denken.
Hinter das Müssen.
Hinter das Wollen.

Was bleibt?
Was atmet in dir, wenn du aufhörst zu greifen?

 

Annäherung – Was ist Freiheit? (3–5 Min.)

Was ist für dich Freiheit?
Ist es Unabhängigkeit?
Nicht gebunden zu sein an Orte, Menschen, Aufgaben?

Oder ist es etwas anderes –
etwas Tieferes?

Vielleicht ist Freiheit auch:
Nichts beweisen zu müssen.
Nicht festzuhalten.
Nicht festgelegt zu sein –
nicht einmal auf ein Selbstbild.

B.K.S. Iyengar sagte kurz vor seinem Tod:
„Ich bin der freieste Mensch.“

Er meinte nicht, dass er tun konnte, was er wollte.
Sondern, dass er nichts mehr wollen musste.

Er war – ganz da.
Ganz bei sich.
Nicht mehr getrennt.

Was bedeutet das für dich?

 

Bhāvana – Die innere Freiheit (5–7 Min.)

Lass in dir ein Gefühl entstehen,
das du mit Freiheit verbindest.

Vielleicht Weite.
Vielleicht Stille.
Vielleicht ein inneres Lächeln.

Nicht als Idee –
sondern als Empfindung.

Stell dir vor:
Du gehst auf einem Weg –
aber ohne Ziel.
Du atmest –
aber niemand zählt den Atem.

Du darfst einfach sein –
ohne Beweis, ohne Ergebnis.

Atme ein:
„Ich lasse mir mein Sein nicht nehmen.“

Atme aus:
„Ich bin frei – inmitten der Bewegung.“

(Pause … 1–2 Min. Atem begleiten)

Spüre den Körper –
nicht als Grenze, sondern als Raum.
Der Atem durchströmt dich –
nicht du lenkst ihn, sondern du wirst geatmet.

Lass dich atmen.
Lass dich leben.
Lass dich frei.

 

Vertiefung – Drei Fragen (3–4 Min.)

Lass jetzt drei Fragen in dir nachhallen –
nicht um sie zu beantworten,
sondern um ihnen Raum zu geben:

  • Bin ich bereit, nicht zu wissen – und trotzdem Ja zu sagen?
  • Was in mir ist frei, auch wenn ich gebunden bin?
  • Muss ich wählen – oder darf ich geschehen lassen?

Lass dich nicht zur Antwort drängen.
Die Fragen selbst sind die Übung.

 

Integration – Die Freiheit zu sein (3–5 Min.)

Spüre deinen Atem wieder bewusster.
Spüre deinen Körper.
Spüre den Ort, an dem du jetzt bist.

Vielleicht hat sich nichts verändert.
Und doch ist etwas klarer geworden:

Du brauchst keine absolute Kontrolle.
Nicht alles Wissen.
Keine perfekte Antwort.

Freiheit beginnt,
wo du aufhörst, dich festzuhalten.

Wiederhole leise in dir:

„Ich bin bereit, dem Leben zu vertrauen – ohne es besitzen zu müssen.“

„Ich bin frei, weil ich da bin.“

Atme.
Verweile.
Lass dich sein.

 

Abschluss – Offenes Ende

Wenn du willst, nimm eine Geste mit:
Eine Hand auf das Herz.
Ein Atemzug mit geöffneten Armen.
Ein stilles Lächeln.

Vielleicht begleitet dich ein Satz.
Vielleicht eine Frage.
Vielleicht nur der leise Hauch von Raum.

„Ich bin nicht das, was ich wähle.
Ich bin das, was da ist – wenn ich nicht mehr wählen muss.“